Gefährdet der Baustopp die Tesla Ansiedlung?
Fragen an die Grüne Liga Brandenburg
Steht die Klage gegen Tesla im Einklang mit dem Vereinszweck der Grünen Liga?
„§2 Zweck der Vereinigung:
(1) Zweck der Vereinigung ist die vorrangige Förderung des Natur- und Umweltschutzes und die weitgehende aktive, gestalterische Beteiligung an der Ökologisierung der Gesellschaft (nachstehend, zusammengenommen kurz „Ökologie“ genannt; wobei Ökologie in einem umfassenden Sinne verstanden wird und auch ethische, humane, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Aspekte umfaßt), um die Lebensbedingungen von Menschen und Natur zu verbessern.“
- Tesla hat sich freiwillig verpflichtet, die dreifache Fläche mit Baumarten aufzuforsten, welche eine höhere Biodiversität bieten. Dadurch würde die Vielfalt der Ökosysteme, die Vielfalt der Arten und die genetische Vielfalt innerhalb der Arten gefördert werden.
- Tesla hat sich mit eigener Initiative mit Naturschutzverbänden des Landes abgestimmt, um den Eingriff möglichst schonend durchzuführen. So bleiben Bäume stehen, wenn Nistplätze von überwinternden Arten festgestellt werden. Es werden Zäune installiert, um die Einwanderung von Reptilien zu verhindern. Bis April 2020 sollen im Areal lebende und geschützte Tiere umgesetzt werden. Waldameisen-Nester werden geborgen und an geeignete Standorte gebracht.
- Die Lebensbedingungen der Menschen werden sich durch Investition in Infrastruktur und Schaffung neue Arbeitsplätze verbessert. Das Land Brandenburg investiert in den nächsten zwei Jahre alleine 100 Mio. Euro in die Infrastruktur von Grünheide. Darüber hinaus ist ein wirtschaftlicher Aufschwung der gesamten Region durch die Magnetwirkung von Tesla zu erwarten, welche die kommunalen Haushalte in die Lage versetzen wird, mehr Mittel für freiwillge Aufgaben zum Zwecke des Gemeinwohls einzusetzen.
- Die Elektromobilität bietet die Chance, schadstoff- und lärmreduzierten Individualverkehr marktfähig zu machen. Darüber hinaus ist Tesla auch ein Investor in alternative Energiequellen und bietet mit Solardächern und Energiespeichern Lösungen an.
Der Vereinsvorsitzende Heinz-Herwig Mascher hat erklärt, dass er nicht gegen Tesla ist und sich von den ideologisch geprägten Windkraft- und Solargegner des bayerischen Vereins für Landschaftspflege und Artenschutz (VLAB) distanziert.
Ist der Verband klageberechtig und was wird beanstandet?
Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu in der Begründung einige Ausführungen gemacht:
- Baustopp dient dem „effektiven Rechtsschutz“ da von den 91,56 ha Wald bereits 47 ha gerodet wurden und die Rodung der übrigen Waldfläche in drei Tagen erfolgt wäre. Damit wird sichergestellt das nicht vollendete Tatsachen geschaffen werden ohne die Beanstandungen ordnungsgemäß zu klären.
- Es muss geklärt werden ob der Verein antragsbefugt im Sinne einer nach §3 UmwRG anerkannten Vereinigung ist.
- Es muss geklärt werden ob die Zulassung des vorzeitigen Beginns nach §8a BImSchG auch erfolgen kann, wenn die Einwendungsfrist der Öffentlichkeitsbeteiligung nach §10 Abs3 S4 BImSchG noch läuft.
Es scheint, dass keine Naturschutzbelange bemängelt wurden, sondern Verfahrensfragen Grund der Klage sind. Der Vereinsvorsitzende begründet dies damit, einen Präzedenzfall für andere Bauprojekte verhindern zu wollen.
Kann durch die Klage die Tesla Ansiedlung verzögert oder verhindert werden?
Gebaut wird erst wenn die Baugenehmigung erteilt wurde. Einwendungen hierzu können noch bis zum 05. März 2020 eingereicht werden und die Erörterung darüber findet am 18. März statt.
Wenn die Abwägung der Schutzgüter positiv ausfällt, ist eine Baugenehmigung bereits im April möglich. Auch nach der Baugenehmigung können Klagen von denjenigen eingereicht werden, welche Einwendungen in der öffentlichen Beteiligungsphase formuliert haben.
Unklar ist, inwieweit die oft zitierte Vegetationsperiode die Fällarbeiten verhindert.
Es handelt sich um Wald nach § 2 des Brandenburger Waldgesetzes und nicht um Bäume welche durch Baumschutzverordnung geschützt sind. Damit ist vermutlich der Holzeinschlag nicht auf dem nach BbgNatSchG benannten Schutzzeitraum 15. März bis 15. September zu begrenzen. Im Wald sind ganzjährige Erntemaßnahmen erlaubt. Darüber hinaus wurde durch die Umwandlung der Fläche in ein Industriegebiet der Zweck des Waldschutzes für dieses Gebiet aufgegeben, wodurch auch Kahlschläge erlaubt sein sollten.
Es ist dem Autor nicht ersichtlich, warum Fällarbeiten nicht unmittelbar nach vorliegen der Baugenehmigung durchgeführt werden können.
Welche Verzögerungen wird es geben?
Wenn das OVG in der Hauptsache keinen ablehnenden Bescheid zum Einspruch bis spätestens zum 25.Februar ausstellt, wird die Vorbereitung der Fläche bis zum Vorliegen der Baugenehmigung um mindesten 5 Wochen verzögert. Derartige Verzögerungen sind von Tesla einkalkuliert und wurden im Risikobericht des Unternehmens welcher aktuell bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht wurde unter anderem benannt:
„Wir können Verspätungen erleben mit dem Design, der Konstruktion und regulatorischen oder anderen Genehmigungen, die benötigt werden, um Produktionsstätten zu bauen und ans Netz zu bringen, das schließt auch unsere geplante Gigafactory Berlin in Deutschland ein.“
Sind Umweltverbände noch Interessensvertreter des Standortes Deutschland?
Ja, denn es geht um einen Interessensausgleich zwischen ökonomischen und ökologischen Interessen. Es ist eine Errungenschaft, dass Rechtsbehelfe mit dem Ziel des Umweltschutzes nach § 3 UmwRG eingereicht werden können.
Problematisch wird es, wenn Rechtsbehelfe aus offensichtlich ideologischen Gründen oder als Geschäftsmodell von klagenden Anwalten missbraucht werden. Im medialen Umfeld von Projekten wie der Tesla Ansiedlung ist, die Gratwanderung zwischen Interessenvertretung und öffentlichkeitswirksamen Aktionismus besonders sensibel.
Nur durch verantwortungsbewussten Umgang und fairen Meinungsaustausch kann es gelingen, dass Ökologiebewusstsein zu entwickeln und dabei gesellschaftliche Spaltungstendenzen zu verhindern.
18. Februar 2020